Feuerwehren müssen sein - 1901/1902 - Gründung von Pflichtfeuerwehren in den Gemeinden

Bei dem nachfolgenden reinen Textbeitrag handelt es sich um einen Auszug aus der im August 2010 anlässlich des 100-jährigen Bestehens herausgegebenen Chronik des Kreisfeuerwehrverbandes Heidekreis e. V.  (damals noch Kreisfeuerwehrverband Soltau-Fallingbostel e. V.).

In diesem Artikel geht es um die Entstehungsgeschichte der 1902 erstmals gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtfeuerwehren, die in fast allen Gemeinden zu bilden waren. Nur wenn es in einem Ort bereits eine ausreichend Starke Freiwillige Feuerwehr gab- was in unserer Region damals nicht der Fall war - hätte diese eine Pflichtfeuerwehr ersetzten können. Ansonsten bildeten die Freiwillige Feuerwehr und die Pflichtfeuerwehr die Ortsfeuerwehr einer Gemeinde.

Der Text wurde unverändert aus der Chronik übernommen. Lediglich an einer Stelle wurde der Name unseres Kreisfeuerwehrverbandes an den heutigen Namen Heidekreis angepasst.

Auszug aus der Chronik: Gott zur Ehr - dem Nächsten zur Wehr 100 Jahre Kreisfeuerwehrverband Soltau-Fallingbostel (heute Heidekreis) -

Die Erfolgsgeschichte einer Bürgerinitiative und die Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Soltau-Fallingbostel (Heidekreis)

© Autor der Chronik: Ralf Quietmeyer

II. Feuerwehren müssen sein

1901 / 1902

Gründung von Pflichtfeuerwehren in den Gemeinden

Mit der Polizei-Verordnung betreffend die Regelung des Feuerlöschwesen wurde die Einrichtung von Feuerwehren zu einer Pflichtaufgabe der Gemeinden. Nur wenige ganz kleine Gemeinden wurden von dieser Pflicht ausgenommen. Diese Ausnahmen musste der Landrat ausdrücklich genehmigen. Auszüge aus der besagten Polizeiverordnung folgen weiter unten. Hier zunächst einige Erläuterungen zu den verschiedenartigen Bezeichnungen der Feuerwehren in der damaligen Zeit.

Folgende Bezeichnungen gab es: Gemeinde-Feuerwehr, Orts-Feuerwehr, Pflicht-Feuerwehr, Freiwillige Feuerwehr, zuweilen auch Fabrik-Feuerwehr sowie Berufs-Feuerwehr. Letztere gab es in unserem Kreisgebiet nicht. Fabrikfeuerwehr gab es dagegen bei den Firmen Wolff & Co. in Bomlitz und Carl Breiding & Sohn in Soltau.

Die Gemeinde-Feuerwehr entsprach der Pflicht-Feuerwehr, denn spätestens mit dem Inkrafttreten der Polizei-Verordnung betreffend die Regelung des Feuerlöschwesens am 01. April 1902 mussten alle Gemeinden eine Gemeinde-Feuerwehr eingerichtet haben.

Pflicht-Feuerwehr bedeutete, dass alle männlichen Einwohner vom 17. bis zum 55. Lebensjahr - mit einigen Ausnahmen, wie z. B. Ärzte, Apotheker, Lehrer, Offiziere usw. - zum Dienst in der Feuerwehr verpflichtet waren, es sei denn, sie waren bereits Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr.

Neben der Pflicht-Feuerwehr konnte in einer Gemeinde zusätzlich eine Freiwillige Feuerwehr bestehen. Diese ersetzte nicht die Pflicht-Feuerwehr, sondern beide zusammen bildeten die Orts-Feuerwehr. Die Voraussetzung hierfür war jedoch die amtliche Anerkennung der Freiwilligen Feuerwehr durch den Landrat.

Reichte die amtlich anerkannte Freiwillige Feuerwehr zur Erfüllung der gestellten Anforderungen an den Feuerlöschdienst aus, so konnte durch eine Entscheidung des Regierungspräsidenten in Lüneburg die betroffene Gemeinde von der Bildung einer Gemeinde- (Pflicht-) Feuerwehr befreit werden. Dies war in den Kreisen Fallingbostel und Soltau aber nicht der Fall.

Die Freiwilligen Feuerwehren waren ein  selbständiger Teil der Orts-Feuerwehr. Sie konnten ihre innere Organisation eigenverantwortlich regeln. Die amtliche Anerkennung setzte allerdings voraus, dass die Statuten der Wehr durch die Orts-Polizeibehörde bestätigt wurden.

Die Freiwilligen Wehren mussten auch an den Übungen der Orts-Feuerwehr teilnehmen. Sie durften sich außerdem nicht von heute auf morgen wieder auflösen. Dies war erst nach Ablauf von 6 Monaten nach einem solchen Beschluss möglich.

Gab es eine anerkannte Freiwillige Feuerwehr in der Gemeinde, so sollte besonders in ländlichen Ortschaften, thunlichst der Kommandant derselben zum Brandmeister der Ortsfeuerwehr bestellt werden (§ 3 der Polizei-Verordnung). Der Brandmeister hatte die Leitung der Ortsfeuerwehr.

Die Ortsfeuerwehr einer Gemeinde bildeten die Pflicht- und – soweit vorhanden – die Freiwillige Feuerwehr. Heute steht der Begriff Ortsfeuerwehr für die örtlichen Feuerwehren in den Ortschaften einer Stadt oder Gemeinde, deren Ortsfeuerwehren zusammen die Gemeinde- bzw. Stadtfeuerwehr bilden.

Pflichtfeuerwehren gibt es im heutigen Heidekreis nicht mehr. Das Niedersächsische Brandschutzgesetz sieht aber auch heute noch die Bildung einer solchen Wehr vor, sollte der Brandschutz nicht oder nicht mehr durch eine Freiwillige Feuerwehr sichergestellt werden können.

Die Polizei-Verordnung von 1901 enthielt neben den Vorschriften zur Bildung einer Orts-Feuerwehr weitere Regelungen hinsichtlich der Ausrüstung dieser Wehren. Ebenso war festgelegt, wer die Leitung des Löschwesens inne hatte, welche Verpflichtungen dritte Personen beim Ausbruch eines Feuers hatten und wie die Feuerlöschhilfe nach auswärts, also in Nachbargemeinden oder bei Wald-, Heide- und Moorbränden, vorzunehmen war.

So war in der Verordnung auch vorgeschrieben, daß es unbedingt erforderlich ist, daß für jede gebildete Orts-Feuerwehr mindestens eine Spritze vorhanden sein muß. Wenn die Gemeinden bisher keine eigene Spritze hatten, mussten sie jetzt eine anschaffen.

Nachfolgend weitere Auszüge aus dieser “Polizei-Verordnung betreffend die Regelung des Feuerlöschwesens für die Provinz Hannover, die am 11. Oktober 1901 im Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Lüneburg und im Kreis Soltau am 15. November 1901 in der Amtlichen Beilage zur Böhme-Zeitung sowie im Kreis Fallingbostel im amtlichen Teil der Walsroder Zeitung veröffentlicht wurde und am 01. April 1902 in Kraft trat. (Hinweis des Verfassers: Weggelassene Textpassagen sind durch “(...)” kenntlich gemacht.)

  • 1: In jeder Stadt- und Landgemeinde und in jedem Gutsbezirke, soweit in denselben nicht eine ausreichende Berufsfeuerwehr besteht, oder dieselben nicht einem Spritzenverbande angehören, sowie für jeden Spritzenverband ist eine Feuerwehr einzurichten mit Abtheilungen 

a. Zur Bedienung der Spritzen,

b. Zur Ausübung des Steigerdienstes sowie zum Retten von Menschen, Vieh und Habe,

c. Zur Herbeischaffung von Wasser,

d. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Bewachung der geretteten Sachen.

Die Feuerwehr ist durch Uebungen für ihre Aufgabe, Schadenfeuer zu bekämpfen, auszubilden und fähig zu erhalten. (...)

§ 3 (1): Zur Leitung der Feuerwehr eines jeden Ortes bezw. jedes Spritzenverbandes ist Seitens der Gemeindebehörde ein Brandmeister zu bestellen, welchem für Verhinderungsfälle ein oder mehrere Stellvertreter zuzutheilen sind. (...)

 (4): Besteht am Orte eine anerkannte freiwillige Feuerwehr, so ist, besonders in ländlichen Ortschaften thunlichst der Kommandant derselben zum Brandmeister der Ortsfeuerwehr (§ 9) zu bestellen.

§ 5: Als amtlich anerkannte freiwillige Feuerwehr gelten diejenigen freiwilligen Feuerwehren, deren Statuten von der Ortspolizeibehörde bestätigt sind. 

§ 6: Voraussetzung der Bestätigung ist, daß die freiwillige Feuerwehr in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit mindestens diejenigen Anfordrungen erfüllt, welche an eine ordnungsmäßig geleitete und organisierte Gemeindefeuerwehr gestellt werden müssen, und daß nach dem Statute 

1. die freiwillige Feuerwehr bei Feuersgefahr dem Verwalter der Feuerpolizei und dessen Vertreter als ausführendes Organ zur Verfügung steht, und zwar auch für Fälle der nachbarlichen Löschhülfe (§ 31), (...) 

2. und 3.: (...)

4. die freiwillige Feuerwehr an den Uebungen der Orts-Feuerwehr theilzunehmen hat.

§ 9: Besteht für eine Gemeinde eine amtlich anerkannte freiwillige Feuerwehr und reicht sie für sich allein (...) zur Erfüllung eines den zu stellenden Anforderungen voll genügenden Feuerlöschdienstes (...) aus, so kann für die betreffende Gemeinde die Bildung einer besonderen Gemeinde-Feuerwehr nicht erforderlich sein. Die freiwillige Feuerwehr bildet dann die Orts-Feuerwehr. 

Genügt die freiwillige Feuerwehr (Berufs-Feuerwehr) dem vorhandenen Bedürfnisse nicht, so ist zu ihrer Verstärkung entweder neben der freiwilligen Feuerwehr eine Gemeinde-Feuerwehr nach Maßgabe des § 1 in entsprechender Stärke zu bilden, oder die freiwillige Feuerwehr durch gemeindeseitig zu bestellende Hülfsmannschaften zu ergänzen. (...)

§ 12: Jede Gemeinde (...) ist verpflichtet, die nach Verhältniß der Größe und örtlichen Lage der Gemeinde (...) nothwendigen Feuerlösch- und Rettungs-Gerätschaften zu beschaffen und in brauchbarem Zustande zu erhalten. (...)

§ 13: Die Geräte sind der Orts-Feuerwehr zur Verwendung beim Feuerlöschdienste und bei den Uebungen zu überweisen. (...)

§ 14: Die Unterbringung der der Gemeinde, (...), gehörenden Geräthe hat in geeigneten, leicht zugänglichen und möglichst feuersicher angelegten Räumlichkeiten zu erfolgen. (...)

§ 19: Die Oberleitung des gesammten Löschgeschäftes bei einem Brande steht auf dem Lande den Landräthen bezw. deren Stellvertretern und bis zu deren Eintreffen dem Gemeindevorsteher des Brandortes zu. (...)

§ 20 (1): Die technische Leitung der Löscharbeiten steht dem Brandmeister zu. (...) 

(3) Bei einem Waldbrande fällt dieselbe dem zuständigen Forstaufsichtsbeamten zu. Derselbe hat dann die Rechte und Pflichten eines Brandmeisters. (...).

§ 23: Geistige Getränke dürfen bei einem Brande nur mit Genehmigung des Oberleiters an die Mannschaften verabreicht werden. Auch ist die Ortspolizeibehörde, bei Abwesenheit des Landraths oder seines Stellvertreters der Gemeinde- bezw. Guts-Vorsteher, befugt, während eines Brandes die Wirtshäuser und Schankstätten des Brandortes oder bestimmter Bezirke desselben zu schließen, bezw. das Verabreichen von geistigen Getränken Seitens der Wirthe und Kleinhändler sowohl wie sonstiger Personen zu untersagen.

§ 25: Wer innerhalb eines Ortes einen Brand entdeckt, ist verpflichtet, die im Hause und die zunächst Wohnenden zu alarmieren, sowie für die schleunigste Meldung des Feuers auf dem Lande bei dem Gemeinde-Vorsteher (...) Sorge zu tragen.

Wer im Walde, auf der Haide oder dem Moore einen Brand entdeckt, hat hiervon schleunigst dem nächsten Gemeinde-Vorstande oder dem nächsten Forstbeamten Mittheilung zu machen.

§ 29: Bricht ein Brand in der Nacht aus, so hat in geschlossenen Ortschaften jeder Hausbesitzer bezw. Hausverwalter dafür zu sorgen, daß die Straßenstrecke vor seinem Hause gehörig erleuchtet ist.

§ 30: Bei großer Kälte haben die Besitzer von Kesseln auf Erfordern des Oberleiters gegen nachträglich von der Gemeinde zu leistende Entschädigung Wasser heiß zu machen und den Feuerlöschmannschaften zu verabfolgen, um das Gefrieren des Wassers in den Spritzen zu verhindern.

§ 34 (2): (Bei Feuerlöschhülfe nach Auswärts) Gemeinden (...), welche nur eine Spritze besitzen, sind bei schweren Gewittern von der Löschhülfe befreit, ebenso solche Gemeinden etc., in denen gleichzeitig ein Schadenfeuer aufgegangen ist. (...) 

§ 35: Bei Wald-, Haide- oder Moorbränden hat nur die Mannschaft ohne Löschgeräthe möglichst mit Schaufeln und Beilen ausgerüstet auszurücken.

§ 40: Die Brandgemeinde ist verpflichtet, erforderlichen Falls den zur Löschhülfe erschienenen, nach § 31 verpflichteten Feuerwehren Erfrischungen sowie Futter für die Gespanne unentgeltlich zu verabfolgen. Die Entscheidung darüber, ob die Verabfolgung erforderlich bezw. was zu gewähren ist, steht dem Oberleiter zu. (...)

Die Polizei-Verordnung endet mit den Strafbestimmungen bei Zuwiderhandlung und hebt alle älteren Vorschriften auf.

Da bis zum Inkrafttreten der Polizei-Verordnung eine Feuerwehr vorhanden sein musste, wurden fast überall Pflicht-Feuerwehren gegründet. In den kleineren Gemeinden lief es vermutlich so oder so ähnlich ab wie in Oerrel, im ehemaligen Landkreis Soltau. Dort lud der damalige Gemeindevorsteher Jacobi am 13. November 1901 in seine Wohnung ein. In dieser Einladung heißt es:

Gemäß Verfg. des Herrn Landraths vom 4.XI.(19)01 J. (Journal) No. I 10997 hat die Gemeinde Beschluß zu fassen über die Bildung einer Pflichtfeuerwehr. Zu diesem Behufe wird Versammlung der stimmberechtigten Gemeindemitglieder hiermit angesetzt auf Freitag, den 22. November, nachm. 2 Uhr in der Wohnung des Unterzeichneten.                     Jacobi

Aus dem Kreis Soltau liegt diese Verfügung des Landrates nicht mehr vor. Vermutlich lautete sie ähnlich, wie die des Landrates im Kreis Fallingbostel. Dessen Verfügung ist in fast allen Akten über die „Feuerlöschanstalten“ (Gründung der Pflichtfeuerwehren 1901) der damaligen Gemeinden des Landkreises Fallingbostel im Kreisarchiv zu finden. Der Inhalt ist – abgesehen von einigen ortsbezogenen Ergänzungen bzw. Änderungen - vielfach identisch. Ein per Matrize vervielfältigtes Schreiben wurde an alle Gemeindevorsteher verschickt, die daraufhin einen entsprechenden Gemeindebeschluss herbeizuführen hatten. Als Beispiel hier der Vorgang aus der Akte für die Gemeinde Eickeloh:

J. No. 18025 L.A.                                                           Fallingbostel, den 22.11.1901

An den Herrn Gemeindevorsteher in

Eickeloh         

Abgangsvermerk: M. Pannings

Die Polizeiverordnung, betreffend die Regelung des Feuerlöschwesens vom 16. Juli 1901, ist von dem Herrn Oberpräsidenten zurückgezogen und durch die neue Polizeiverordnung gleicher Art vom 27. September d. Js. (Amtsblatt Seite 240/244) ersetzt worden. Diese neue Polizeiverordnung ist auch in No. 128 des Kreisblattes vom 30. Oktober d. Js. Veröffentlicht worden.

Nach dieser neuen Polizeiverordnung ist die Organisation der Feuerwehr in den einzelnen Gemeinden insofern umständlicher geworden, als hierzu ein regelrechter Gemeindebeschluß erforderlich ist, der vom Kreisausschusse genehmigt werden muß.

Ich habe in der Anlage ein Schema zu dem fraglichen Gemeindebeschlusse entworfen und empfehle Ihnen dringend denselben, abgesehen von etwaigen Änderungen, die nach den örtlichen Verhältnissen unbedingt nötig sind und deren Notwendigkeit mir im Begleitberichte bei Überreichung des Beschlusses näher darzulegen ist, unverändert anzunehmen. Sonst wird der Beschluß die Genehmigung des Kreisausschusses nicht finden, er muß dann vielmehr zurückgesandt werden. 

Was die Sache an sich anbelangt, so erwarte ich, daß die Gemeinde die Organisation des Feuerlöschwesens in der angegebenen Weise beschließen wird.  (Anmerkung des Verfassers: Gestrichen wurde: Die Gründe, welche hierbei maßgebend sind, habe ich schon bei früherer Gelegenheit erörtert.) 

Sollte die Beschlussfassung aber dennoch wider alles Erwarten auf Schwierigkeiten stoßen, so wird die Gemeinde für verpflichtet erachtet werden, die erforderlichen Feuerwehrmannschaften gegen Bezahlung aus der Gemeindekasse zu stellen. Hierzu wird die Gemeinde event. im Wege der Zwangsetatisirung (Zwangsweise Aufnahme im Etat = Anmerkung des Verfassers) angehalten werden. Einer solchen mit großen Kosten verbundenen Regelung des Feuerlöschwesens wird die Gemeinde in ihrem eigenen Interesse eine Ordnung nach dem in der Anlage formulierten Beschlusse den Vorzug geben. 

Der Vorlage des Gemeindebeschlusses sehe ich bis spätestens zum 5. Dezember d. Jh. entgegen.

Gestrichen wurde in diesem „Vordruck“ folgende Passage, da sie für Eickeloh nicht gültig sein sollte: 

Ich habe übrigens höheren Ortes beantragt, daß bezüglich der dortigen Gemeinde von der im § 1 der erwähnten Polizeiverordnung erwähnten Abteilungsbildung Abstand genommen wird derart, daß nur 2 Abteilungen gebildet werden und zwar eine sog. Spritzenmannschaft und eine sog. Ordnungsmannschaft. Erstere hat für die Bedienung der Spritze zu sorgen, letztere steht dem Leiter des Löschwesens / dem Brandmeister zur Bewachung der geretteten Sachen usw., insbesondere der Ruhe und Ordnung zur freien Verfügung. 

Bei anderen Gemeinden war dieser Absatz wahrscheinlich nicht gestrichen oder wurde der Text ergänzt, wie z. B. bei der (damaligen) Gemeinde Fallingbostel. Dort hatte der Landrat vermerkt:

Der hiesigen freiwilligen Feuerwehr habe ich die Eigenschaft einer „amtlich anerkannten“ beigelegt. Die freiwillige Feuerwehr und die Gemeindefeuerwehr bilden also zusammen die Ortsfeuerwehr der Gemeinde Fallingbostel.

Zurück zur Gemeinde Eickeloh, die ebenfalls auf einem „Vordruck“ dem Landrat das Ergebnis des Gemeindebeschlusses mitzuteilen hatte:

Verhandelt Eickeloh, den 3. Dez. 1901 

Zur Verhandlung über die Regelung des Feuerlöschwesens war auf heute eine Gemeindeversammlung angesetzt, zu welcher laut Bezeugung des Gemeindevorstandes sämtliche stimmberechtigten Gemeindemitglieder unter allgemeiner Angabe des Zwecks ordnungsgemäß geladen und die nebenstehenden Gemeindemitglieder (Namen und jeweilige Stimmenzahl stehen links daneben = Anmerkung des Verfassers) mit 210 Stimmen erschienen waren. Da überhaupt 321 Stimmen in der Gemeinde vorhanden sind, so war die Versammlung beschlussfähig. Es wurde mit 210 Stimmen folgender Beschluß gefasst:

Die Gemeinde genügt den Anforderungen des § 1 der Polizeiverordnung vom 27. September 1901, betreffend die Regelung des Feuerlöschwesens, durch Bildung einer Pflichtfeuerwehr. 

Zum Eintritt in die Pflichtfeuerwehr verpflichtet sind alle männlichen steuerpflichtigen Einwohner der Gemeinde sowie die gemäß § 38 des Kommunalabgabengesetzes von den Gemeindeabgaben ganz oder teilweise freigelassenen männlichen Steuerpflichtigen der Gemeinde von vollendetem 17 bis zum vollendeten 55 Lebensjahre mit Ausnahme: 

  1. der aktiven Reichs-, Staats-, Hof- und Kommunalbeamten, der Bahnbeamten und der aktiven Militärpersonen einschließlich der Gendarmen,
  2. der Geistlichen, Ärzte und Apotheker und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten, der Mitglieder der amtlich anerkannten freiwilligen Feuerwehr, (Hervorhebung vom Verfasser)
  3. Schüler
  4. der Personen, welche zum Feuerlöschdienstwegen körperlicher oder geistiger Gebrechen völlig untauglich sind. Auf Erfordern der Ortspolizeibehörde ist diese durch ein Zeugnis des Kreisarztes oder des von der Ortspolizeibehörde sonst bezeichneten Arztes nachzuweisen. -

Die Dienstpflicht in der Feuerwehr schließt die Verpflichtung zur Übernahme einer Führerstelle oder eines Brandmeisters und deren Stellvertreter auf die Dauer von 3 Jahren in sich. –

Ausgeschlossen vom Eintritt in die Feuerwehr sind alle Personen, welche einmal der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig gegangen sind, oder unter Polizeiaufsicht gestanden haben, oder welche wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht, gegen das Eigentum, gegen die Sittlichkeit, wegen vorsätzlicher Angriffe auf das Leben oder wegen vorsätzlicher Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Monaten verurteilt worden sind.

Haben solche Personen seit Verbüßung ihrer Strafe sich längere Zeit derart vorwurfsfrei geführt, daß die für die Aufgabe der Feuerwehr erforderliche besondere Zuverlässigkeit als bei ihnen vorhanden anzusehen ist, so können sie nach Entscheidung der Ortspolizeibehörde zur Feuerwehr wieder zugelassen bzw. wieder herangezogen werden.

Jeder der Feuerwehr angehörende Einwohner hat sich bei jedem im Feuerwehrbezirk entstandenen, in vorgeschriebener Weise bekannt gegebenen Brande auf dem bestimmten Versammlungsplatze in vorschriftsmäßiger Ausrüstung unverzüglich einzufinden und den Befehlen der Führer Folge zu leisten.

Das Gleiche gilt von Übungen, zu denen der Feuerwehrmann vom Brandmeister bestellt oder in sonst vorgeschriebener Weise gerufen wird, sowie von Fällen auswärtiger Löschhülfe.

Sofern nicht die für die Feuerlöschhülfe erforderlichen Spanndienste verdungen sind, was einer event. späteren Regelung vorbehalten bleibt, haben die Spannhalter in der Gemeinde sowohl bei Bränden am Orte als auch in der Nachbarschaft den zur Bespannung der Spritzen und Wasserwagen erforderlichen Vorspann und für die Löschhülfe nach Auswärts einen Mannschaftswagen der Reihe nach zu stellen. Der Gemeindevorstand bestimmt die Reihenfolge, teilt die Anordnung den betreffenden Spannhaltern mit und lässt die Namen der letzteren im Spritzenhause aufzeichnen. Die verpflichteten Spannhalter haben für den Fall der Verhinderung dafür Sorge zu tragen, daß ein anderes Gespann statt des ihrigen erscheint. 

Im Bedarfsfalle ist auf besondere Aufforderung der Gemeindevorsteher bzw. seines Stellvertreters jeder Spannhalter auch außerhalb der Reihe verpflichtet mit seinem Gespann Löschhülfe zu leisten. 

Die Gespannhalter haben auf das vorgeschriebene Alarmsignal hin bzw. im Falle des vorstehenden Absatzes auf die ihnen zugesandte Aufforderung Gespann und Wagen sogleich vollständig angeschirrt zum Spritzenhause oder der sonst bezeichneten Stelle zu senden. Befreit von der Gespannstellung sind die Ärzte, Beamten, aktive Militärpersonen bezüglich ihrer Dienstpferde und die Posthaltereien. 

Schließlich wird noch bestimmt, daß die der Pflichtfeuerwehr angehörenden Personen gehalten sind, die von der Ortspolizeibehörde nach § 4 der Polizeiverordnung vom 27. September d. Js. zu erlassenden Ausführungsvorschriften zu befolgen. 

Vorgelesen und genehmigt

zur Beglaubigung     Gemeindevorsteher

Dieser Gemeindebeschluss musste durch den Kreisausschuss genehmigt werden.

Beschluß

Der vorstehende Beschluß der Gemeinde Eickeloh vom 3. Dezember d. Js. wird hiermit auf Grund des § 31 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 genehmigt. 

Fallingbostel, den 7. Dezember 1901   Namens des Kreisausschusses   Der Vorsitzende

Mit einem ebenfalls vorgefertigten Antwortschreiben nebst Ausführungsbestimmungen wurde der Gemeinde der Beschluss des Kreisausschusses mitgeteilt:

J. No. 3546 L. A.       Fallingbostel, den 1. März 1902

An den Herrn Gemeindevorsteher

            in Eickeloh

Hierneben übersende ich Ihnen Abschrift des mit dem Genehmigungsvermerke des Kreisausschusses versehenen Gemeindebeschlusses vom 3. Dezember v. Js., betreffend die Regelung des Feuerlöschwesens nach Maßgabe der Polizeiverordnung vom 27. September v. Js..

Ferner übersende ich Ihnen gegen Rückgabe den Entwurf zu den von mir zu erlassenen Ausführungsbestimmungen für die dort begründete Ortsfeuerwehr, mit dem Auftragen, den Entwurf einer Durchsicht zu unterziehen und ihn mit etwaigen nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse zu machenden Abänderungsvorschlägen spätestens bis zum 15. März d. Js. wieder zurückzugeben.

Da mir die Zahl derjenigen Personen, die in der dortigen Gemeinde Feuerwehrdienste tun müssen, unbekannt ist, habe ich davon Abstand genommen, schon jetzt die Zahl der der Abteilungen zur Bedienung der Spritzen zuzuteilenden Personen einzustellen. Sie wollen dies unter I. a, Absatz 2 der Vorschriften nachholen, wozu ich bemerke, daß jeder Zug wohl mindestens 6 – 8 Mann stark sein muss. 

Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die Bestellung eines tüchtigen Brandmeisters. Personen, die Soldat gewesen sind und ein gutes Commando besitzen, werden sich am Besten hierzu eignen. Die Bestellung des Brandmeisters und dessen Stellvertreters bedarf meiner Bestätigung. Sie wollen nun für die Auswahl einer geeigneten Person sorgen und mir diese nebst ihrem Stellvertreter behufs Herbeiführung der Bestätigung auch bis zum 15. März d. Js. namhaft machen.

Für jeden Brandmeister und Abteilungsführer, Spritzenmeister und Obersteiger sowie für jede der Feuerwehr angehörenden Person müssen Tucharmbinden in besonders vorgeschriebener Form beschafft werden.

Um den Gemeinden eine möglichste Kostenersparnis zu verschaffen, bin ich bereit, die gemeinsame Beschaffung der Armbinden auf Kosten der Gemeinde zu übernehmen. Wollen Sie von diesem Anerbieten Gebrauch machen, so ist mir die Zahl der erforderlichen Armbinden anzugeben und zwar

1,  für Brandmeister,

2, für Abteilungsführer, Spritzenmeister und Obersteiger sowie

3, für die Mannschaften.

Was nun die unter VI und VII der Bestimmungen aufgeführten sonstigen Ausrüstungsgegenstände und zu beschaffenden Geräte betrifft, so habe ich mich auf das Notwendigste beschränkt. Firmen, bei denen die noch fehlenden Sachen preiswert gekauft werden können, werde ich Ihnen demnächst bekannt geben.

Die unter II. angegebene Normalübungsverordnung wird Ihnen bei endgültigem Erlaß der Bestimmungen übermittelt werden.

Diese Verfügung ist bestimmt bis zum 15. März d. Js. zu erledigen. 

Dem Schreiben war ein Entwurf der Ausführungsbestimmungen beigefügt:

Auf Grund des § 4 Absatz 1 und 5 und des § 12 ff. der Polizeiverordnung des königlichen Ober-Präsidenten vom 27. September 1901 betreffen die Regelung des Feuerlöschwesens (Amtsblatt Seite 240 ff.) werden folgende Bestimmungen erlassen:

I. Über die innere Organisation der Pflichtfeuerwehren.

a, die Spritzenmannschaft. 

Die Spritzenmannschaft zerfällt in eine Abteilung zur Bedienung der Spritzen und in eine Steigerabteilung. 

Die Abteilung zur Bedienung der Spritzen zerfällt in 2 Züge in Stärke von je (z. B. 12) Mann. Jeden Zug leitet ein Spritzenmeister, der vom Brandmeister zu ernennen ist. 

Die Steigerabteilung besteht aus mindestens 6 Steigern unter Führung eines Obersteigers, dem ein Stellvertreter beigegeben werden kann.

Von den Steigern sind 2 als Rohrführer zu bestimmen.

b, die Ordnungsmannschaft

Die Ordnungsmannschaft, der Alle diejenigen Mannschaften angehören, welche nicht der Spritzenmannschaft zugeteilt sind, wird nicht weiter gegliedert. An der Spitze der Ordnungsmannschaft steht ein Abteilungsführer. 

Dem Brandmeister sind 1 bis 2 Hornisten beizugeben.

II. Über den inneren Dienst. 

Der innere Dienst richtet sich nach der beigefügten Normal-Übungs-Ordnung.

III. Einrichtung und Abhaltung der Übungen. 

Die Ladung zu den Übungen hat entweder durch Bestellung oder durch mehrmalige ortsübliche Bekanntmachung (die erste mindestens acht Tage, eine weitere einen Tag vor der Übung) zu erfolgen.

Die Feuerwehrpflichtigen können auch durch ein Alarmsignal zu einer Übung zusammenberufen werden.

Wollen Feuerwehrpflichtige von einer Übung entbunden sein, so haben sie sich dieserhalb rechtzeitig an den Gemeindevorsteher zu wenden. Derselbe ist befugt aus gewichtigen Gründen eine Befreiung von der Übung zuzulassen.

Nach vollständiger Ausbildung der Wehr haben die Abteilungen zur Bedienung der Spritzen und zur Ausübung des Steigerdienstes mindestens 3 Übungen jährlich in den Monaten Mai bis Oktober abzuhalten, bei welcher Gelegenheit auch die Spritzen zu probieren sind. Zu zwei von diesen Übungen ist die Abteilung zur Herbeischaffung des Wassers und zu einer auch die Abteilung zur Aufrechterhaltung der Ordnung usw. heranzuziehen.

Bei den Übungen sind bestimmte Aufgaben zu stellen und zu lösen, auch ist bei ihnen darauf Bedacht zu nehmen, daß die Feuerwehr sich mit den Wasserverhältnissen der Ortschaft sowie der Örtlichkeit überhaupt genau bekannt macht.

Den Führern der Spritzenmannschaften und dem Obersteiger sind bei den Übungen abwechselnd Aufgaben zur selbständigen Lösung zu stellen.

Das Tabakrauchen bei Übungen ist verboten.

Am Schluß jeder Übung sind die Mitglieder der Feuerwehr auf ihre Verpflichtung zum pünktlichen Erscheinen und Gehorsam gegen ihre Vorgesetzten bei jedem Feuerwehrdienst und zur ordnungsmäßigen Instandhaltung der ihnen überwiesenen Geräte und Ausrüstungsgegenstände aufmerksam zu machen, sowie auf dieBestimmungen hinzuweisen, die Übertretungen in dieser Beziehung unter Strafe stellen.

Der Brandmeister hat mit den Führern der Wehr die bei der Übung gestellte Aufgabe und ihre Ausführung zu besprechen. Diese Besprechung braucht nicht in unmittelbaren Anschluß an die Übung stattzufinden.

IV. Ausübung des Feuerlöschdienstes.

Die Spritzenmannschaften haben sich auf das Alarmsignal sofort zum Spritzenhaus zu begeben, die Spritze aus dem Spritzenhaus herauszuziehen und unter dem Befehl des zuerst gegenwärtigen event. des dienstältesten Spritzenmeisters mit möglichster Beschleunigung zum Brandplatze abzurücken. Alle übrigen Feuerwehrmannschaften und Führer, insbesondere auch der Brandmeister, haben sich unmittelbar zum Brandplatz zu begeben. Erste haben sich auf dem Brandplatz bei ihren Führern zu melden.

Bei auswärtigen Bränden haben sich nur die für den auswärtigen Dienst bestimmten Mannschaften und Führer auf dem dazu bestimmten Sammelplatz einzufinden.

Zum auswärtigen Dienst gehört ohne Weiteres die Spritzenmannschaft; von der Ordnungsmannschaft sind alljährlich vom Brandmeister mindestens 6 Personen zu bestimmen, die bei größeren auswärtigen Bränden zur Hülfeleistung mit auszurücken hat. 

Selbstverständlich haben alle Mitglieder der Feuerwehr in voller Ausrüstung zu erscheinen. 

Es müssen mindestens 3 Schlüssel zum Spritzenhause vorhanden sein, von denen je einer bei dem Gemeindevorsteher, dem Obersteiger und einem in der Nähe des Spritzenhauses wohnenden zuverlässigen Einwohner aufbewahrt werden muß. Nach Löschung des Brandes sind die Mannschaften bis auf die vom Ortsbrandmeister zu bestimmende Brandwache zu entlassen. 

Die Brandwache hat auf der Brandstelle so lange zu verbleiben, bis der Ortsbrandmeister sie ihres Dienstes entbindet. 

Auswärtige Wehren dürfen zur Brandwache nicht kommandiert werden.

Spätestens am dritten Tage nach einem Brande sind sämtliche Löschgeräte hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit und Unversehrtheit zu besichtigen, auch gründlich zu reinigen und die Schläuche zu trocknen, wie dies durch Näheren unter No. V. vorgeschrieben ist. Auch haben die Führer spätestens acht Tage nach dem Brande die bei demselben gemachten Erfahrungen unter Leitung des Brandmeisters eingehend zu erörtern.

V. Über Behandlung der Geräte

Die sämtlichen Geräte müssen sofort nach jedem Gebrauch gereinigt, geölt und die Schläuche gut getrocknet werden. Für die Ausführung der Reinigung und Fortschaffung der Geräte ist eine ausreichende Anzahl der Mannschaften vom Brandmeister jedes Mal zu bestimmen.

Vor ihrer Fortschaffung sind sämtliche Geräte von dem Brandmeister und einem dazu kommandierten Abteilungsführer nachzusehen und auf ihre ordnungsmäßige Beschaffenheit und gehörige Reinigung gründlich zu prüfen. 

Für die ordnungsmäßige Aufbewahrung und Beschaffenheit der Löschgeräte ist der Brandmeister insofern verantwortlich, als er Mängel in dieser Hinsicht dem Gemeindevorsteher sofort anzuzeigen und auf Abstellung derselben hinzuweisen hat. Insoweit seine Anträge seitens der Gemeinde nicht gehörige Berücksichtigung finden, hat er sich beschwerdeführend an den Landrat zu wenden. 

VI. Über Ausrüstung der Wehr.

Auszurüsten sind: der Brandmeister mit Helm, Gurt mit kleinem Beil, Laterne mit zwei rot eingebrannten Streifen an der vorderen Glasscheibe, vorgeschriebener (blauer) Armbinde (mit 2 Streifen) und Signalhuppe mit Schnur. (Anmerkung des Verfassers: die Auflistung war je nach Gemeinde unterschiedlich.

Der Führer der Spritzenmannschaften mit (Helm, Gurt und kleinem Beil), Laterne, vorgeschriebener (blauer) Armbinde <mit 1 Streifen> und Signalhuppe mit Schnur. Die Spritzenmannschaften mit der vorgeschriebenen (blauen) Armbinde.

Steiger und Obersteiger sind auszurüsten mit Helm mit losem Nackenleder und hoher starker Raupe, mit Drellfutter versehenem 12 cm breitem Steigergurt, Karabinerhaken, Steigerbeil mit Beiltasche, 12 m langer gepflochtener Rettungsleine, Kerzenlaterne, mit Signalpfeife mit Schnur und mit der vorgeschriebenen (blauen) Armbinde, der Obersteiger mit einem Streifen.

Die Ordnungsmannschaften haben die vorgeschriebene (rote) Armbinde zu tragen, der Führer dieser Abteilung trägt sie (blau) mit einem Streifen. Die Ordnungsmannschaften sind auch mit einigen Absperrleinen in Länge von 12 m zu versehen. 

Die Ausrüstungsgegenstände sind den Führern und Mannschaften zu übergeben. Sie sind für die ordnungsmäßige Instandhaltung dieser Stücke verantwortlich. Sobald ein Gegenstand unbrauchbar wird oder in Abgang gerät, haben sie ihrem unmittelbar Vorgesetzten davon Anzeige zu machen, welcher für Ersatz zu sorgen hat.

Beim Austritt aus der Wehr sind die überlieferten Gegenstände sofort zurückzugeben.

VII. Zu betreffende Geräte. 

Jede Feuerwehr soll im Besitze einer gut arbeitenden fahrbaren Spritze, wenn möglich neuerer Konstruktion sein, deren Zylinder Durchmesser von mindestens 120 mm haben muß. Ist die Spritze nicht mit Metz´schem Normalgewinde versehen, so müssen für sie und die Schläuche Verbindungsstücke vorhanden sein. 

Soweit die Gemeinden im Besitze von Spritzen sind, wird von der Anordnung einer Neuanschaffung einstweilen Abstand genommen. Neu anzuschaffende Spritzen müssen an der Druckseite mit Metz´schem Normalgewinde und 2 Ausgängen, mit Hähnen im Wasserkasten versehen sein. Die Spritze muß auf Federn ruhen und eine Bakbremse  besitzen. 

Bei jeder Spritze müssen untenstehende Gegenstände vorhanden sein und bei Bränden nach außerhalb mitgeführt werden: 

6 – 8, Saugschläuche   (nur bei Spritzen neuerer Konstruktion),

100 m Druckschläuche,

1  bis  2 gummierte Hanfschläuche a. 2 ½ m lang,

3 – 5 Mundstücke,

3 Laternen (davon je links und rechts am Bake, eine mitten auf der Spritze),

1 Knierohr mit loser Mutter,

2 Schlauchbinden,

2 Schlauchhalter,

1 Gabelstück mit loser Mutter (nur bei Spritzen neuerer Konstruktion),

2 große Aexte) mit Picke?

1 Zughaken mit 2 ½ m langer Kette,

verschiedene Schlüssel

(zu den Schläuchen je 2 Stück).

Für die eigene Ortschaft müssen außerdem noch vorhanden sein: 

2 Zugseile mit Haken a. 12 m lang,

1 Hakenleiter,

2 Steigerleitern a. 8 m lang,

2 Dachleitern a. 3 ½ m lang,

2 Feuerhaken mit Stangen,

40 m Reserve-Druck-Schläuche zu jeder Spritze,

1 Schlauchbrücke.

Die Löschgerätschaften müssen mit dem Ortsnamen bezeichnet und nummeriert sein.

Nachdem die Gemeinde diese Bestimmungen entsprechend den örtlichen Verhältnissen angepasst hatte, musste sie den Text erneut dem Landrat zur Prüfung vorlegen, der sie dann in Kraft gesetzt hat:

J. No. 3755 L. A.        Fallingbostel, den 4. April 1902

An den Herrn Gemeindevorsteher  in Eickeloh

Auf Grund des § 4 Absatz 1 und 5 und des § 12 ff. der Polizeiverordnung des königlichen Oberpräsidenten vom 27. September 1901, betreffend die Regelung des Feuerlöschwesens (Amtsblatt für 1901, Seite 240 bis 244) werden hierdurch für die dortige Gemeinde die in den Anlagen enthaltenen Ausführungsbestimmungen vom heutigen Tage erlassen.

Gleichzeitig wird die Bestellung des Bäckermeisters Fr. Wiebe zum Brandmeister und des Vollmeier Fr. Börstling zum Stellvertreter desselben auf Grund des § 3 der erwähnten Polizeiverordnung hierdurch von mir bestätigt.

Sie haben nunmehr für eine schleunige Durchführung der Ausführungsbestimmungen Sorge zu tragen, insbesondere ist dem Brandmeister eine Abschrift derselben zu behändigen.

An Armbinden werde ich für die dortige Gemeinde bestellen:

2 Stück für den Brandmeister,

6 Stück für die Abteilungsführer (Spritzenmeister und Obersteiger)

50 Stück für die Spritzenmannschaft (einschl. der Steiger) und

50 Stück für die Ordnungsmannschaft.

Sollte diese Zahl nicht richtig sein, so ist mir sofort Bericht zu erstatten.

Für die Beschaffung der unter VI. und VII der Ausführungsbestimmungen angeführten Gegenstände mache ich Ihnen folgende Firmen namhaft:

1, Lehmann & Wundenberg, Feuerwehr Requisitenfabrik in Hannover,

2, G. Henkel in Bielefeld, Herforderstraße No. 40,

3, H. Bräunert in Bitterfeld und

4, J. G. Lieb in Biberach a. d. Riss

Ferner vermittelt der Kupferschmied Ordemann in Walsrode derartige Bestellungen, insbesondere nimmt er auch Spritzenreparaturen vor. 

Falls Sie glauben, daß dieser oder jener von mir zur Anschaffung bestimmte Gegenstand einstweilen für die dortige Gemeinde entbehrlich ist, ist bei mir ein hinreichend zu begründender Dispensationsantrag zu stellen.

Ich füge schließlich noch ein Muster zu einem Verzeichnisse der der Pflichtfeuerwehr angehörenden Mannschaften bei.

Bis zum 1. Mai d. Js. ist mir zu berichten, daß die Feuerwehr organisiert ist.

Wurde die Frist – wie von Eickeloh - nicht eingehalten, erinnerte das Landratsamt:

Fallingbostel, d. 10.07.1902

An den Herrn Gemeindevorsteher  in Eickeloh M. Pannings

Unter Bezugnahme auf meine Verfügung vom 04. April d. J., J.No. 3755 L.A., veranlasse ich Sie zu einer Mittheilung binnen 8 Tagen, ob die dortige Pflichtfeuerwehr inzwischen organisiert ist.

Worauf der Gemeindevorsteher umgehend antwortet:

                        Eickeloh, 17. Juli 1902

Hierdurch die Mittheilung, daß die hiesige Pflichtfeuerwehr hier richtig organisiert ist, alle Geräte die noch nötig angeschafft sind, bis auf die Armbinden, welche Köngliches Landrathsamt noch nicht geschickt hat.

Dieses Verfahren wiederholte sich in etwa bei jeder Gemeinde in beiden Landkreisen. Nur bei sehr kleinen Gemeinden, die aufgrund ihrer Einwohnerzahl nicht in der Lage waren, eine eigene Pflichtfeuerwehr aufzustellen, kam es entweder zu Zusammenschlüssen mit anderen Gemeinden oder es mussten zumindest Spritzen- und Ordnungsmannschaften aufgestellt werden.

Ab 1902 gab es nur noch sehr wenige Gemeinden, in denen es keine Feuerwehr gab. Neben den vorgeschriebenen Pflichtfeuerwehren gab es in einigen Gemeinden daneben aber auch schon eine Freiwillige Feuerwehr oder es wurde in dieser Zeit eine gegründet. Da die Freiwilligen Feuerwehren zu jener Zeit den in der Polizeiverordnung vorgeschriebenen Brandschutz alleine meist nicht sicherstellen konnten, ergänzten sie die bestehende Pflichtfeuerwehr. Wobei ihnen aber fast immer die Führung beider Wehren übertragen wurde.

In Bezug auf die Freiwilligen Feuerwehren erbrachte die Umfrage des Fallingbosteler Landrates vom 10. September 1901 folgendes Ergebnis: Mit Ausnahme der Gemeinden, in denen es 1901 bereits eine Freiwillige Feuerwehr gab, bestand zu der Zeit in keiner anderen Gemeinde die Absicht eine freiwillige Wehr zu gründen.

Daher darf man heute nicht die Gründung einer Pflichtfeuerwehr mit der Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr gleichsetzen. Die Gemeinden mussten entsprechend den Vorschriften der Polizei-Verordnung von 1901 eine Pflichtfeuerwehr aufstellen und mit Geräten ausstatten. Dazu gehörte auch die Anschaffung einer Spritze, sofern die jeweilige Gemeinde nicht schon eine besaß.

Heute noch vorhandene Spritzen aus dieser Zeit sind deshalb kein Beleg dafür, dass es damals schon eine Freiwillige Feuerwehr in der Gemeinde gab. Gerade die Aufschrift „Spritze der Gemeinde …..“ spricht für die Pflichtfeuerwehr. Die Freiwilligen Feuerwehren hatten damals meist eigene Spritzen. Bis auf die bekannten Freiwilligen Feuerwehren gab es in den Dörfern damals nur Pflichtfeuerwehren.

Den Gründungsvätern der ersten Freiwilligen Feuerwehren wird man nicht gerecht, wenn man heute – wie es vereinzelt getan wird - die Errichtung einer Pflichtfeuerwehr als Gründungsdatum einer Freiwilligen Feuerwehr in einer Ortschaft unterstellt. Die Freiwilligen Feuerwehren wurden gegründet, weil die zum Dienst in einer Pflichtfeuerwehr ausgewählten Männer ihren Pflichten meist nicht oder nicht ausreichend nachgekommen sind. Die Männer, die die Notwendigkeit einer fachlichen Ausbildung und das ständige Üben mit den Gerätschaften erkannten, waren die Gründer der Freiwilligen Feuerwehren.

Als Beispiel für alle Gemeinden des Landkreises Fallingbostel hier die Antworten der damaligen Gemeinde Fallingbostel zur Umfrage des Landrates vom 10.09.1901: 

Fallingbostel, den 20. September 1901

Zu 1: Wird bemerkt, daß eine völlig ausgerüstete Freiwillige Feuerwehr mit eigener Spritze in hiesiger Gemeinde besteht. Ferner ist eine Gemeindespritze mit Saug- und Druckwerk, 7 Gemeinde Feuerleitern und Haken alles in gutem Zustande vorhanden. Zu dem Gemeinde Spritzenhaus befindet sich ein Schlüssel bei Gastwirt Hambrock, welches durch ein am Spritzenhause angebrachtes Schild ersichtlich ist.

Ferner ist in hiesiger Gemeinde noch eine von der Nebenanlage zu unterhaltene Spritze ebenfalls mit Saug- und Druckwerk in gutem Zustand vorhanden. 

Zu 2: Die Errichtung einer Ortsfeuerwehr wird als zweckmäßig erachtet und ihr zusammenwirken mit der Freiwilligen Feuerwehr nach Möglichkeit geplant.

Zu 3: Die Gemeinde ist groß genug allein die Feuerwehr zu bilden. Wollen sich aber nahegelegenen Gemeinden sich derselbenanschließen so lässt sich darüber verhandeln.

Zu 4: Wegen des Vorhandenseins einer Freiwilligen Feuerwehr wird Befreiung von der Vorschrift zur Errichtung einer Pflichtfeuerwehr nicht beantragt. 

Zu 5: Die Bildung der Abteilungen können nach Vorschrift gestaltet werden. Zu diesem Zweck mache ich den Vorschlag, daß die zur Pflichtfeuerwehr heranzuziehenden Kräfte etwa vom 17. bis zum 40. Lebensjahr mit Ausnahme der wegen körperlicher oder geistige Schwäche befreiten, als Drücker der Spritzen, die Älteren bis zum 55. Lebensjahr den übrigen Abteilungen zugeteilt werden, zu den etwa zu bildenden Steigerdienst müssen geeignete Personen jeden Alters ernannt werden. 

                        Der Gemeindevorsteher

Eine besondere Regelung galt für Bomlitz. Der Ort war damals ein Gutsbezirk, der zur Firma Wolff & Co. zu Walsrode gehörte. Für diesen Gutsbezirk war die Fabrik-Feuerwehr der Pulver- und Schießwollfabrik der Firma Wolff & Co. in Bomlitz zuständig.

Im Gegensatz zur Freiwilligen Fabrik-Feuerwehr der Firma Carl Breiding & Sohn in Soltau, entsprach die Fabrik-Feuerwehr der Firma Wolff & Co. eher einer Pflichtfeuerwehr. Dies geht nicht nur aus dem fehlenden Wort „Freiwillige“ hervor, sondern im § 2 der Satzung war festgelegt:

Dieser Wehr gehören sämtliche Beamte und Arbeiter der genannten Firma an, soweit dieselben im Gutsbezirk Bomlitz ihre Beschäftigung haben. Ausgeschlossen sind: jugendliche Arbeiter unter 16 Jahren, Gebrechliche und Greise. Neu eintretende Personen werden mit ihrem Eintritt in das Arbeitsverhältnis ausdrücklich von der Firma Wolff u. Co. verpflichtet, auch in der Fabrikfeuerwehr Dienst zu tun.

Die Fabrikfeuerwehr – heute sagt man  Werkfeuerwehr – war für den Brandschutz in Bomlitz bis 1944 zuständig.

 

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